Liebes Facebook, wir müssen reden.

Warum ich mich von Facebook verabschiede.

Liebes Facebook,

wir müssen reden. Ich erinnere mich an unsere schönen Zeiten. Ich habe über Dich den Kontakt zu alten Schulfreunden gewahrt, Tipps fürs Gitarrenspielen erhalten, meine mehr oder weniger relevanten Gedanken geteilt, Freunden ehrlich zum Geburtstag gratuliert. Während Corona hast Du mir geholfen, meine Wahl zum Gemeindepräsidenten zu unterstützen. Heute ist vieles anders.

In den letzten Jahren habe ich zunehmend das Gefühl bekommen, dass wir uns auseinandergelebt haben. Mein Unbehagen über die Art und Weise, wie Du mit meinen persönlichen Daten umgehst, hat stetig zugenommen. Die Nachrichten über Datenlecks und die Nutzung von Nutzerdaten für politische Werbung haben mein Vertrauen in Dich tief erschüttert. Es fällt mir schwer, diese Bedenken beiseitezulegen.

Gleichzeitig habe ich gemerkt, wie viel Zeit ich auf Deiner Plattform verbringe, Zeit, die ich anders – produktiver, erfüllender – nutzen könnte. Anstatt durch endlose Feeds zu scrollen, möchte ich mich mehr auf das Hier und Jetzt konzentrieren, auf die realen Beziehungen und die Welt um mich herum.

Ich habe genug Werbung gesehen für Hosengurte, schlaue USB-Sticks und falsche 2-Franken-Angebote. Ich weiss, dass Roger Federer nicht in Bitcoins investiert.

Auch auf meine psychische Gesundheit hast Du keinen positiven Einfluss mehr. Die ständige Konfrontation mit einem idealisierten und belanglosen Bild des Lebens langweilt mich. Die Menge an Negativität, die ich auf Deiner Plattform begegne – sei es durch Cybermobbing, Hassrede oder toxische Debatten –, hat mein Bedürfnis nach einem positiveren Umfeld verstärkt. Ich habe erkannt, dass es an der Zeit ist, mich von solchen Quellen von Hass, Missgunst und Neid zu distanzieren und nach positiveren, konstruktiveren Umgebungen zu suchen.

Als erster Schritt habe ich die FB-App auf meinem Smartphone gelöscht. Nach vier Wochen merke ich – Du fehlst mir nicht.

Es ist mir also klar geworden, dass unsere Wege sich hier trennen müssen. Dies ist kein leichter Schritt für mich, aber ich glaube, dass es für meine persönliche Entwicklung und mein Wohlbefinden notwendig ist. Ich werde die guten Zeiten in Erinnerung behalten und bin dankbar für die Verbindungen und Erfahrungen, die Du mir ermöglicht hast. Aber für mich ist es jetzt an der Zeit, weiterzuziehen und ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Ich wünsche Dir alles Gute.

Martin Hermann